5 days only! Liest sich gut. Endlich mal fasten, ohne wirklich fasten zu müssen. „Benefits without suffering.“ Wer hat sich das denn wieder ausgedacht? Barbara Becker jedenfalls nicht. Sie schreibt nur medienwirksam darüber.
Mein erster Gedanke: genau wie es ständig irgendeinen neuen Diäthype gibt, gibt es jetzt ständig einen neuen Fastenhype. Erst Intervallfasten, jetzt Scheinfasten. Eine von Grund auf gute Idee wird modernisiert/variiert. Und dann dem staunenden Publikum als das neue Geheimrezept verkauft.
Mein zweiter Gedanke: Geschmäcker sind sehr verschieden. Viele meiner Klienten und ich sind jedoch der Meinung, dass es leichter ist, gar nichts zu essen als nur ein bisschen. Immer wieder ein bisschen was zu essen macht nämlich erst recht hungrig. Ein bisschen Schokolade funktioniert für uns nämlich auch nicht. Also ganz oder gar nicht. Sprich Wasserfasten mit ein paar Nahrungsergänzungsmitteln oder das Leben kulinarisch aufs Höchste genießen. Alles zwischendrin ist nette Spielerei.
Doch wer wird hier schon vorschnell urteilen? Schauen wir uns die Theorie dahinter mal etwas genauer an. Das oberstes Prinzip beim Scheinfasten: nur kalorienreduziert essen und möglichst wenig Eiweiß und Kohlenhydrate zu sich nehmen. Wichtig sind gesunde Fette. Daher zum Beispiel die Oliven. Gerne ein paar Nüsse und etwas Avocado dazu. Dann bleibt der Körper angeblich im Fasten-Modus und löst die ganzen wünschenswerten Prozesse wie zb. die Autophagie (Zellerneuerung/recycling) aus. Praktizierst du das regelmäßig soll sich dein Risiko für die klassischen Killer-Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Diabetes drastisch reduzieren.
Als Erfinder der Fasting-Mimickry-Diet gilt übrigens der italienische Professor Valter Longo. Eine Koryphäe auf dem Gebiet des Fastens. Nach jahrzehnte langem Forschen steht für ihn fest: Fasten ermöglicht den Zellen eine Pause, in der sich selbst erneuern können und den „Müll“ entsorgen können! Das geht sonst nicht, wenn sie bei normaler Ernährung Fett einlagern anstatt es zu verbrennen. Fasten bzw. Kalorienreduktion sind übrigens die bisher einzig wirklich anerkannten Methoden, um seine Lebensspanne nachhaltig zu erhöhen. Um in den Genuß dieser Vorteile zu kommen und es etwas leichter zu haben, hat Longo seine Version des Fastens konzipiert.
Sein Unternehmen Prolon (https://prolon-fasten.com) bietet ganz nach „Hello Fresh – Vorbild“ ein paar schöne Boxen an. Leicht verständlich und sehr komfortabel. Hat aber natürlich seinen Preis. Was bekommst du dafür? Ein paar Oliven und einen netten Shake namens L-Drink. Und ein paar Anweisungen. Du darfst dir z.B. selbst einteilen, wann du im Tagesverlauf welche Lebensmittel zu dir nimmst. Nur die 5 einzelnen Tage darfst du nicht vermischen.
Soweit so gut. Positiv erscheint mir in jedem Fall, dass es sich bei den Lebensmitteln im Paket tatsächlich um Lebensmittel handelt, die deinen Insulin- und Blutzuckerspiegel relativ wenig beeinflussen. So wird zumindest keine plötzliche Heißhungerattacke provoziert. Dennoch find ich es persönlich schwierig, nur ein bisschen was zu essen und sich dann nicht nach mehr zu verlangen. Bei meinem Versuch blieb jedenfalls ein ständiges Hungergefühl bestehen.
Der Clou beim klassischen Fasten ist ja auch gerade, dass man oft (individuell verschieden und je nachdem auch ob du abführst) schon ab dem 2. Tag keinen Hunger mehr verspürt. Das macht das klassische Heilfasten dann auch viel einfacher als es auf den ersten Blick scheint. Allerdings kann das pure Heilfasten dann auch ab dem 3. Tag wieder richtig hart werden. Vielleicht wirst du dich richtig schlapp fühlen. Regelrecht spüren wie sich deine Muskeln abbauen. Und du kannst eine Fastenkrise bekommen. Schlimme Kopfschmerzen. Theoretisch alles gute Anzeichen, denn das zeigt, dass dein Körper entgiftet. Diese „Nebenwirkungen“ des Wasserfastens werden übrigens immer besser je öfter du fastest. Auch der Muskelabbau ist alles andere als nachhaltig. Beginnst du am 6. Tag wieder langsam damit normal zu essen (Wiederaufbau), baut sich deine Muskulatur auch sehr schnell wieder auf. Der Körper tendiert immer dazu, den langfristig-normalen Zustand wieder herzustellen. Also keine Sorge.
Aber klar, wer will schon leiden. Liegt eben nicht im Trend. Deshalb gibt es ja jetzt eben „Scheinfasten“. Da werden diese Nebenwirkungen definitiv reduziert wie ich am eigenen Leib erfahren durfte. Für mich ein weiterer guter Kompromiss übrigens: Nussfasten. Ja du hast richtig gehört. Zweimal am Tag eine Handvoll Mandeln. Thats it. Sättigen so angenehm, ohne den Magen zu belasten und verursachen keine Blutzucker/Insulinspitzen (keine Heißhungerattacken!). Hat den Vorteil, dass es noch einfacher und wesentlich günstiger ist als die offzielle Fasting-Mimickry-Diet von Valter Longo.
Das Buch von Barbara Becker hält sich übrigens auch an die Prämissen (zwischen 700 und 1100 kcal pro Tag sowie eiweiß- und kohlenhydratarme Lebensmittel) und bietet darüber hinaus zahlreiche Rezeptideen mit frischen Zutaten (für den Fall, dass du während des Fastens dennoch gerne Zeit in der Küche verbringen magst).
Als Zwischenfazit können wir festhalten: bevor du gar nicht fastest, dann faste besser „schein“. Je nachdem, wo du gerade stehst, ist das besser als deine aktuelle Ernährung. Vielleicht auch ein guter Einstieg ins Fasten (falls du es noch nie probiert hast) und nächstes Mal dann richtig. Wie bei allem Neuen im gesundheitlichen Bereich gilt auch hier: am besten vorsichtig rantasten und dein Körpergefühl hören. Ich bin mir sicher, du machst das schon!
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